Dresden, 26.05.2023 (Äußere Neustadt)
Gestern habe er den letzten Sud abgefüllt. “Die 800 Liter ‘Elbhang Rot’ gehen jetzt noch in den Verkauf”, sagt Christian (Lenin) Schwingenheuer. Die Gründe sind vielfältig. Was bleibt, sind die Bierbrauseminare und die satirischen Expeditionen ins Bierreich. “Auch unser Schalander, die Verkostestube bleibt”, sagt Lenin.
(Ein Beitrag von Anton Lauer - Neustadt-Geflüster)
Aber die Brauerei, die diverse Kneipen und fast alle Bio-Läden der Stadt beliefert hat, wird geschlossen, den Mitarbeitern hat er das Ende schon angekündigt.
Vor 21 Jahren, im März 2002 hatte Lenin, die Neustädter Hausbrauerei gegründet. Schwingenheuer stammt aus dem Ruhrgebiet und bekam zum 16. Geburtstag vom Vater ein Buch zum Thema Bier selber brauen. Im heimischen Keller baute er die erste Brauanlage. Brauer mit Herz, das wird wohl jeder sagen, der ihn mal kennen gelernt hat. Die kleine Hausbrauerei hatte sich, trotz verschiedener Schwierigkeiten, gut entwickelt. “Bis 2019 sind wir immer weiter gewachsen, in der Spitze haben wir pro Jahr 900 Hektoliter verkauft”, sagt er und rechnet schnell um: “Das sind 180.000 Flaschen”. Dabei war nur eine alkoholfreie.
Nach dem Umzug kam Corona
“2019 mussten wir dann umziehen”, erzählt Lenin. Der neue Eigentümer in der Hermann-Mende-Straße hatte die Miete um das mehr als vierfache erhöht. Nachdem der Umzug geschafft war, wollte die Hausbrauerei 2020 richtig durchstarten. “Ich sah mich auf Ständen bei allen Volksfesten der näheren Umgebung”, sagt Schwingenheuer. Und dann kam Corona. “Zweieinhalb Jahr nix, 80 Prozent Umsatzrückgang”, erklärt er. Zwar habe man die Flaschenproduktion gesteigert, aber das eigentliche Geschäft läuft über drei Standbeine: Indoor-Veranstaltungen, Gastronomie-Belieferung, Volksfeste. Damit war dann erstmal Schluss.
Die Hilfen vom Freistaat und der Stadt Dresden seien schnell und auch unkompliziert gekommen, sagt er. Das Dilemma stecke jedoch im Detail. Denn für die Angestellten war zwar mittels Kurzarbeitergeld zumindest für den Notbedarf gesorgt, für einen großen Teil der laufenden Kosten gab es Hilfen, aber der Lohn für ihn selber, der war da nicht mit eingerechnet. “Also bin ich zum Amt und wollte Hartz 4 beantragen, bin aber in der Bürokratie versunken”, berichtet er und wählt dabei nicht die feinsten Worte. Am Ende habe seine Altersvorsorge dran glauben müssen. Rund 170.000 Euro hatte er für den Ruhestand beiseite gelegt. Klingt viel, bedeutet aber noch nicht mal 1.000 Euro Rente für rund 15 Jahre. Aber, das ist nun auch egal. Denn das Geld ist aufgebraucht.
Nach der Pandemie sei das Geschäft im vergangenen Jahr nur schleppend angelaufen. “Jetzt gab es keine Förderung mehr, aber die Leute fehlten noch”, sagt er. Und jetzt, jetzt geht es zwar langsam wieder aufwärts. Dafür ist er komplett kaputt. Mit 47 Jahren steht Lenin vor dem Scherbenhaufen seines Lebenswerkes. “Die Krise und der Kampf mit den Ämtern hat mich krank gemacht”, gibt er offen zu und nun fehlen ihm Energie und Perspektive, das Geschäft wieder durchzustarten. “Vielleicht findet sich ja jemand, der die Brauerei übernehmen will”, sagt er. Der- oder diejenige sollte aber brauen können.
Bis Ende Juni, bzw. bis das Bier alle ist, wird die Verkaufsstelle auf der Schönbrunnstraße noch geöffnet sein. Immer Dienstag und Donnerstag von 13 bis 19 Uhr.
Hausbrauerei Schwingenheuer
Schönbrunnstraße 1, 01097 Dresden
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