Dresden, 06.01.2022
Freie Berufe laufen Sturm gegen Beteiligung an Sozialbeiträgen beim Kurzarbeitergeld
Jetzt geht es ans Eingemachte. Selbst Ralph Spiegel, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), gab jetzt vor der Bundespressekonferenz Folgendes zu bedenken: „Noch zehren die deutschen Kommunen vom kräftigen Schluck aus der Pulle des Bundes, mit dem die coronabedingten Gewerbesteuerausfälle kompensiert wurden. Wenn jedoch noch Firmenpleiten und entlassungsbedingte Lohnsteuerausfälle hinzukommen, bedeutet das die Vernichtung der Basiseinnahmen von Städten und Gemeinden.“ Fakt ist: Seit Monaten warnt der Landesverband Freie Berufe (LFB) sowie die im Verband organisierten Steuerberater vor einem flächendeckenden Insolvenz- und Entlassungs-Tsunami.
Zwar haben die staatlichen COVID-Hilfen einige Klein- und Mittelständler, wie sie gerade unter den Freien Berufen häufig zu finden sind, noch mit einem blauen Auge durch die Krisenmonate 2020/21 getragen, doch die wirtschaftlichen Nachwehen der Krise werden 2022, so die Befürchtung von Hans-Joachim Kraatz, Präsident des LFB Sachsen, „zum KO vieler dieser sogenannten KMUs und letztendlich zu erheblichen Entlassungen führen“.
„Umsatzausfälle durch wiederkehrende Schließungen der Gastronomie und Hotellerie, deutliche Konsumausfälle im stationären Einzelhandel, Umsatzeinbrüche bei zahlreichen Freiberuflern wie beispielsweise Architekten, aber auch im Tourismus, in der Kultur und beim körpernahen Dienstleistungsgewerbe, sind nur einige Aspekte, vor denen wir die Augen nicht länger verschließen dürfen“, so Kraatz weiter. Dazu kommen spürbar erhöhte Ausgaben in der Material-Beschaffung und der Logistik sowie eine allgemeine Inflation mit aktuell deutlich über vier Prozent. Dies sind nur einige Gründe, die den Mittelstand, bis auf einige wenige Krisengewinner, in die Knie zwingen. Insgesamt 277 Milliarden Euro Umsatzverluste, so die KfW, mussten die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) für das Jahr 2021 hinnehmen. „Ab sofort kommen auf die Arbeitgeber aber nun auch noch 50 Prozent der Sozialbeiträge für ihre in Kurzarbeit befindlichen Angestellten zu“, kritisiert Kraatz, dessen Verband immerhin die Interessen von rund 46.000 Freiberuflern mit knapp 200.000 Arbeitnehmern im Freistaat Sachsen vertritt.
Erhält also ein Arbeitgeber Kurzarbeitergeld (KUG) für seinen Arbeitnehmer bei einer Kurzarbeit von 100 Prozent, in Höhe bis zu 80 Prozent fiktivem Lohn beziehungsweise Gehalt, so beinhaltete das bisher auch 100 Prozent der Sozialbeiträge auf das vertraglich zugesicherte tatsächliche Entgelt. Dies wurde, gesetzlich gewährleistet, durch die Agentur für Arbeit übernommen. Jetzt muss der Arbeitgeber 50 Prozent davon aus seinem Kapital finanzieren. „Diesen Kosten“, so die massive Kritik von LFB-Präsident Kraatz, „steht jedoch keinerlei Einnahme gegenüber, mit der diese Ausgabe finanziert werden könnte!“
Geht man davon aus, dass der Durchschnittslohn eines Arbeitnehmers beispielsweise in Sachsen im Jahr 2021 bei 3.561 Euro im Monat lag (Statista), bedeutet das eine zusätzliche Belastung eines Arbeitgebers mit rund 645 Euro pro Mitarbeiter und pro Monat. „Dies mag in großen und vielleicht sogar international tätigen Unternehmen irgendwie noch gehen, für viele unserer Mitglieder in den Freien Berufen, die häufig mit zwei bis fünf Mitarbeitenden auskommen müssen, bedeutet dies den wirtschaftlichen Tod. Wir befürchten deshalb neben den ohnehin schon zu erwartenden Insolvenzen bereits im Vorfeld eine massive Entlassungswelle, die durch die KMUs rollen wird. Was das wiederum für die Kommunen nicht nur bei uns im Freistaat Sachsen, sondern quer durch die Republik bedeutet, möge man sich gar nicht erst vorstellen. Wir hoffen und fordern den Gesetzgeber auf, hier schleunigst nachzubessern, damit dieses Horrorszenario nur ein Szenario bleibt und nicht in wenigen Monaten Realität wird.“
Weitere Informationen: www.lfb-sachsen.de
LFB Sachsen - Landesverband der Freien Berufe
Markus Hilbert (Geschäftsführer LFB Sachsen)
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