Dresden, 28.01.2022 (Innere Altstadt)
Geschafft: Augustusbrücke wird freigeben
Fünf Jahre Baustelle – 26 Millionen Euro Investition – erste autofreie Brücke Dresdens
Nach fast fünf Jahren Sanierung haben die Dresdner ihre Augustusbrücke zurück. Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der katholischen Hofkirche gab Oberbürgermeister Dirk Hilbert am Freitag, 28. Januar 2022, die Augustusbrücke zusammen mit Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats Sachsen sowie Superintendent Christian Behr und Dompfarrer Norbert Büchner für den Verkehr frei. Ab Montag, 31. Januar 2022, 3:30 Uhr verkehren die Straßenbahnlinien 4, 8 und 9 wieder über die Augustusbrücke. Mit dem Start der Sanierung 2017 gab es Einschränkungen für den Verkehr auf der Brücke, der Straßenbahnbetrieb wurde eingestellt. Mit ihrer Freigabe ist die Augustusbrücke nun autofrei und bleibt, neben dem ÖPNV und Rettungsfahrzeugen, Fußgängern und Radfahrern vorbehalten. Radfahrerinnen und Radfahrer nutzen künftig die Fahrbahn. Das neue geschnittene Pflaster auf der Fahrbahn wird dem Denkmalstatus der Augustusbrücke als auch den modernen Anforderungen an eine Fahrbahn für Radfahrer gerecht. Hilbert in seiner Rede zur Wiedereröffnung: „1910 sagte mein Amtsvorgänger Geheimrat Dr. Beutler in seiner Weiherede – Wenn wir nun heute das vollendete Bauwerk fertig zur Übergabe an seine Bestimmung vor uns sehen, so erfüllt uns vor allem das Gefühl des Dankes– Er hätte mir für heute keine bessere Vorlage bieten können. Denn tiefgreifender Dank ist auch, was ich bei der heutigen Freigabe des für Dresden so zentralen Bauwerks im Rahmen dieses musikalisch wunderbar ausgestalteten, ökumenischen Gottesdienstes empfinde. Dankbar bin ich, diese Baustelle im Herzen unserer Stadt, die historische Verbindung zwischen Altstadt und Neustadt fertig zu wissen. Allen, die hier ihren Anteil daran haben, danke ich. Eine über hundert Jahre alte Brücke zu sanieren braucht Profession, Handwerk und Herzblut.“ Verkehrsminister Martin Dulig: „Die Augustusbrücke prägt auch heute noch die Stadtsilhouette Dresdens und ist als historische Elbquerung nicht wegzudenken. Der Freistaat Sachsen hat die notwendige grundhafte und denkmalgerechte Sanierung mit rund 21 Millionen Euro gefördert. Ich freue mich, dass diese Brücke mit der zukünftigen Nutzung durch Fußgänger, Radfahrer und den ÖPNV noch attraktiver für innerstädtische Mobilität wird. Dies sowohl für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt als auch für ihre Besucher.“ DVB-Vorstand Lars Seiffert: “Mit Fertigstellung der Augustusbrücke bekommen wir eine wichtige Straßenbahntrasse im Zentrum zurück. Immerhin verkehren mit der 4, 8 und 9 gleich drei Linien über das historische Bauwerk. DVB Vorstand Andreas Hemmersbach: “Die Verbindung über den Theaterplatz spielt nicht nur für Einheimische eine große Rolle, sie ist auch ein Highlight für Touristen. Wo sonst kann man aus der fahrenden Straßenbahn ein solch geschichtsträchtiges Panorama der Dresdner Innenstadt bewundern.“ Spagat zwischen Denkmalschutz und Modernisierung Bei der Sanierung galt es dem Baudenkmal und modernen Anforderungen zu entsprechen. Holger Kalbe, Projektleiter aus dem Straßen- und Tiefbauamt: „Die Besonderheit bestand im denkmalpflegerischen Anspruch. Möglichst viel von der originalen Bausubstanz sollte erhalten werden. Gleichzeitig mussten die heutigen Vorschriften und Möglichkeiten Berücksichtigung finden, um die Brücke fit für die nächsten 100 Jahre zu machen“. Trotz behutsamen Umgangs konnten nicht alle Bauteile der Brücke wiederverwendet werden. Die Schäden waren zum Teil zu groß, oder die Bauteile entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. So mussten die Bauleute zahlreiche Ersatzteile besorgen. Daniel Windisch, Projektleiter der ausführenden Baufirma Hentschke Bau: „Bauteile wie beispielsweise für die Sandsteinarbeiten oder für die Herstellung der Beleuchtungsmasten nach historischem Vorbild waren nur durch Traditionshandwerk verfügbar. Katalogware kam bei solch einem anspruchsvollen Bauvorhaben nicht zum Einsatz“. Der erste Brückenbogen auf der Altstädter Seite ist aufgrund massiver Schäden komplett neu gebaut worden. Bauleiter Kai Bräuer von Henschtke Bau: „Die wohl größte Herausforderung in der gesamten Bauzeit war dieser Ersatzneubau des Bogens über dem Terrassenufer unter den besonderen Vorgaben des Denkmalschutzes“. Hier galt es, die Kassettenoptik der Bogenunterseite von 1910 zu replizieren. Windisch: „Die Ausschalung des Brückenbogens haben alle Kollegen vor Ort mit Spannung erwartet. Das Ergebnis hat nicht nur uns, sondern auch die Denkmalschützer zu 100 Prozent zufriedengestellt“. Überraschungen im Brückeninneren Eine denkmalgerechte Sanierung unterscheidet sich grundlegend von einem Brückenneubau. Rolf Mörbt, Bausteuerer aus dem Straßen- und Tiefbauamt: „Überraschungen sind nicht nur im Baugrund, wie das auch bei Brückenneubauten der Fall ist, zu erwarten, sondern auch im denkmalgeschützten Brückenbauwerk selbst.“ Jörg Hoffmann, Projektleiter der externen Bauüberwachung vom Ingenieurbüro Leonhardt Andrä und Partner: „Das Freilegen des gesamten Bauwerkes ist immer spannend – was erwartet uns, welche Unbekannten tauchen auf? Besonders der nach 1945 wieder neu errichtete Teil war spannend, da hierzu nur wenige Dokumente vorhanden waren“. Mathias Walter der Bauoberleiter von den IGS Ingenieuren: „Bei historischen Brücken gibt es erfahrungsgemäß eine Differenz zwischen den sehr alten Bestandszeichnungen und dem tatsächlichen Brückenbauwerk. Wie groß diese bei der Augustusbrücke ausfällt, war allerdings ungewiss. Die Baumeister früherer Zeiten hatten ein enormes Geschick, die Brücken an die natürlichen Gegebenheiten anzupassen und mit dem verfügbaren Material zu arbeiten. Diesem Geschick galt es bei der Sanierung zu folgen“. Die Überraschungen waren dann tatsächlich vielfältig: Zum Beispiel unerwartete Geometrieabweichungen, nicht dokumentierte Sanierungen von Kriegsschäden, unbekannte Leitungen und große Steinblöcke, wo man aufgrund nachher eingearbeiteter Scheinfugen einzelne Steine erwartete. Historische Brückenreste Zum Vorschein kamen Überreste vom Brückenvorgänger aus dem Mittelalter. Die Brücke war früher länger, einige Brückenbögen in den Uferbereichen sind im Laufe der Zeit zugeschüttet worden. Bräuer: „Das Freilegen der historischen Brücke direkt vor dem Blockhaus war ein erhebender Moment. Man fühlte sich, als hätte man eine Zeitkapsel geöffnet. Besonders aus Sicht erfahrener Brückenbauer war es interessant zu sehen, wie und womit damals gebaut wurde“. Vier Wochen untersuchten und dokumentieren Archäologen den historischen Brückenbogen, bevor dieser wieder verfüllt wurde. Gemeinsam geschafft Um solch ein Großprojekt mit all seinen Herausforderungen und unter dem fortwährenden kritischen Blick der Öffentlichkeit zu verwirklichen, war die Zusammenarbeit vieler Beteiligter notwendig. Die Baufirma Hentschke Bau mit Nachauftragnehmern, die Dresdner Verkehrsbetriebe AG (DVB) sowie Beschäftige des Straßen- und Tiefbauamtes und des Denkmalschutzes arbeiteten Hand in Hand zusammen. Projektleiter Windisch: „Nicht immer war es einfach, die Interessen aller Beteiligten unter einen Hut zu bekommen. Probleme wurden offen angesprochen und konstruktiv sowie auf Augenhöhe gelöst“. Überraschungen in den Brückenbögen stellten so manch eingetaktete Zeitschiene auf den Kopf. Doch der Wille, diese Brücke für die nächsten Jahrzehnte nachhaltig zu sanieren, einte alle Projektbeteiligten und so gestaltete sich die Zusammenarbeit stets partnerschaftlich und zielführend. Durchatmen und stolz sein - Nun ist es geschafft! Kalbe: „Jeder Projektabschluss ist ein Moment zum Durchatmen. Leider ist unsere schnelllebige Zeit meist schon randvoll mit Anschlussprojekten. Umso wichtiger ist es, kurz innezuhalten und zu rekapitulieren. Denn erst in solchen Momenten kann man tatsächlich realisieren, welch große Leistung hier vollbracht wurde. Und es macht stolz zu wissen, dass auch die eigenen Enkel noch über diese Brücke laufen werden“. Walter: „Die aufgetretenen Probleme gelöst zu haben ist eine Bereicherung an Erfahrung für kommende Aufgaben. Die projektbedingte Anspannung weicht nun einem gewissen Stolz, alle Unwägbarkeiten gemeistert zu haben“. Simone Prüfer, Leiterin des Straßen- und Tiefbauamtes: „Bis hierher war es ein langer und herausfordernder Weg. Umso mehr freue ich mich, dass die Dresdner ihre Brücke nun zurückhaben. Allen Beteiligten, insbesondere den Bauarbeitern, Bauleitern und -planern möchte ich meinen herzlichen Dank aussprechen. Sie dürfen und sollten stolz auf das Geschaffene sein. Auch den Dresdnern gebührt ein Dankeschön für Ihre Geduld“. Baubürgermeister Stephan Kühn: „Ein herzlicher Dank gilt auch dem Denkmalschutz für die gute Zusammenarbeit, den genehmigenden Behörden sowie dem Freistaat Sachsen, der Fördermittel für die Instandsetzung der Brücke beisteuerte“. Neben den Herausforderungen gab es für die Beteiligten auch viele schöne Momente. Karsten Engelmann von den Sächsischen Sandsteinwerken: „In Erinnerung bleiben wird mir immer die Arbeit auf der Hubbühne vom Schubschiff mit Blick über das historische Dresden“. Silke Krötzsch, Bauleiterin der DVB: „Es ist für mich immer etwas ganz Besonderes gewesen, an so einem schönen und beeindruckenden Ort arbeiten zu dürfen“. Letzte Arbeiten bis zum Sommer Bis zum Sommer folgen noch letzte Arbeiten an den Fassaden und Brückenunterseiten. Die Arbeiten an den Bögen 2 und 5 erfordern spezielle Wasserstände. Bei hohen Wasserständen können die Arbeiten vom Schubschiff aus und bei sehr geringen Wasserständen mit Hilfe eines Gerüsts erledigt werden. Einschränkungen des Verkehrs auf der Brücke sind nicht notwendig. Mit Abschluss der Arbeiten im Sommer wird die Illuminierung der Brücke in Betrieb genommen. Rückblick: Die Sanierung Die denkmalgerechte und grundhafte Sanierung der Augustusbrücke startete 2017. Das Elbehochwasser im Jahr 2013 hatte massive Schäden an der Brücke verursacht. Die Arbeiten umfassten die gesamte Verkehrsanlage: Fahrbahn, Gleis- und Fahrleitungsanlage der Straßenbahn, Fußwege und Brückenbeleuchtung. Instandgesetzt wurden alle Ansichtsflächen an den Seiten der Brücke sowie die Brückenbögen. Der erste Brückenbogen auf der Altstädter Seite wurde neu gebaut. Auch die Gehwegbrüstungen ist aufgrund der starken Verformungen komplett abgebaut und neu aufgesetzt. Weiterhin ist die Funktionsfähigkeit der Brückengelenke, welche eine gewisse Beweglichkeit der Brücke zulassen, wiederhergestellt. Die Gesamtkosten belaufen sich derzeit auf 26 Millionen Euro. Die endgültige Kostenfeststellung wird nach Abschluss der letzten Arbeiten durchgeführt.
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