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Augusto

Augusto im Gastgespräch mit Dirk Vogel vom Sankt Pauli Dresden.

Aktualisiert: 5. Jan. 2023


 Sankt-Pauli-Inhaber Dirk Vogel vor seinem Restaurant im Dresdner Hechtviertel © Marcel Pochanke
Sankt-Pauli-Inhaber Dirk Vogel vor seinem Restaurant im Dresdner Hechtviertel © Marcel Pochanke

Dresden, 02.022022 (Innere Altstadt)

Inhaber Dirk Vogel geht mit der aktuellen Corona-Politik hart ins Gericht. Und hat eine klare Forderung. Aber auch für Menschen, die die Regeln ignorieren, hat der Gastronom wenig Verständnis.

(Ein Beitrag von Marcel Pochanke vom 03.12.2021)


Das Sankt Pauli ist vor allem in den Abendstunden ein beliebter Anlaufpunkt im Dresdner Hechtviertel. Frisch gezapftes Bier, guter Wein, feine Speisen in der Atmosphäre einer Kneipe von nebenan – das kommt an. Allerdings musste das Sankt Pauli wie alle anderen Bars und Restaurants in Sachsen 20 Uhr schließen.

Herr Vogel, wenn man abends durch die Fenster schaut, ist im Sankt Pauli auch derzeit viel los. Täuscht der gute Eindruck? Im Vergleich zu sonst haben wir praktisch kaum Umsatz. Sonst öffnen wir von 17 bis 1 Uhr. Jetzt machen wir früher auf, aber dann ist es unter der Woche leer. Wir kommen nicht auf das Geld. Bei uns arbeiten zehn Leute, dazu zwei Lehrlinge. Was bringt es da, wenn der Laden zwei Stunden gut besucht ist?


Hilft es, einen Teil in Kurzarbeit zu schicken? Das ist ein Missverständnis. Das Kurzarbeitergeld ist ein Zuschuss am Monatsende für die Person. Alle anderen Zahlungen laufen weiter. Das Geld muss irgendwo herkommen.

Dachten Sie darüber nach, vorübergehend ganz zuzumachen, wie es andere Gastronomen tun? Das treibt dich in die Pleite rein. Du musst alles abmelden, die Leute entlassen. So dass man keine Kosten mehr hat.


Was wäre der Wunsch an die Politik? Klare Ansagen. Was man machen kann, oder was nicht. Es ist unverantwortlich, die Entscheidung auf andere zu schieben. Weil kein Geld da ist, wartet Sachsen auf eine Ansage vom Bund, die Regierung ist so nicht handlungsfähig. Und verkauft den Leuten sinnfreie Entscheidungen. Da wird den Menschen gesagt: „Halten Sie sich drei bis vier Wochen zurück“, was gleichbedeutend ist mit „Gehen Sie da nicht hin.“

Wir durften von 6 bis 20 Uhr öffnen, das ist eine Frechheit. Das ist, als würde man den Beamten sagen, ihr dürft nur von 1 bis 5 Uhr nachts arbeiten. Es ist sinnfrei.

Aber wir werden das hinkriegen. Seit zwei Jahren mache ich alles. Wir testen die ganze Zeit. Jetzt kommen sie auf die Idee, das in den Betrieben zu machen. Weil die die ganze Zeit dafür zu wichtig waren. Seit zwei Jahren geben wir Unmengen aus für Masken und Tests. Es ist unfassbar. Wir hatten hier keine Fälle bis auf zwei, die über die Kinder angesteckt wurden, die gingen natürlich umgehend in Quarantäne.

Und jetzt machen wir wieder fast zu wegen 200 …, die sich an nichts halten und dann noch protestieren.


Wie schätzen Sie die Menschen in der Neustadt ein? Halten die sich an die Regeln? Ja, hier halten sie sich dran. Wir hatten nie Probleme. Von Anfang an kamen sie mit ihrem Impfausweis, haben den vorgelegt. Wie gesagt, ich denke nicht, dass hier was passiert, wenn wir bis 22 Uhr aufmachen können.


Das wäre also Ihre klare Forderung an die Politik, bis 22 Uhr öffnen zu können? Natürlich. Bis 22 Uhr, von mir aus mit 2G+, das machen wir alles mit. Wenn ich den Gewerkschafter Weselsky höre von der Deutschen Bahn, sie können dem Zugbegleitpersonal nicht zumuten, jetzt 3G zu kontrollieren… Das machen wir seit zwei Jahren! Ich sehe ja alles ein, verstehe die Notwendigkeiten. Aber ich hätte auch nicht gedacht, dass so ein großer Teil der Menschen schlicht alles leugnet.


War es im ersten Lockdown einfacher und klarer kommuniziert? Der erste Lockdown war nicht so schwierig. Ich bin da pragmatisch, wir hatten einen Fensterverkauf, der lief super. Kein Glühweinausschank, wirklich Essen. Im Januar war es dann schwierig, die Leute zu halten. Wir haben von unserem Geld das Kurzarbeitergeld aufgestockt, niemanden verloren, es sind sogar mehr geworden. Wir haben, was das Personal betrifft, wirklich Glück gehabt. Und jetzt stehen wir vor der Entscheidung, dass wir entlassen müssen. Wir wären längst pleite, wenn wir so entscheiden würden wie die Politik in der Lage. In mir kommt wirklich Wut hoch.

Blick auf Tresen und Bar im Sankt Pauli. © Sankt Pauli
Blick auf Tresen und Bar im Sankt Pauli. © Sankt Pauli

Sie bieten den Fensterverkauf wieder an. Wie läuft es? Es ist noch nicht zu vergleichen. Die Leute sind verunsichert. Sie kommen hier 18 Uhr rein, am Wochenende staut es sich. Dabei trifft es die Kollegen in den Innenstädten wohl noch härter. Dort ist niemand, keine Touristen. Die Leute bestellen Pizza. Die Ansage: Wir machen zu – das wäre verständlich gewesen. Aber dieser Zustand …


Wie ging es dem Sankt Pauli im Sommer? Der war schön, es lief sehr gut. Logisch, denn als man Ende Mai wieder zu uns durfte, war die Nachfrage einfach sehr hoch. Und die Belastung, wir mussten aus dem Tiefschlaf in die Vollen gehen. Und jetzt zurück in den Tiefschlaf… Es ist einfach Angst da, wie geht es weiter.

Wer kommt zu Ihnen? Vor allem das Hechtviertel oder auch Menschen aus dem Umland oder Touristen? Wir sind hier in der Hood. Und machen einen Spagat zwischen einer Wohngebietsgaststätte und einem Ort, der auch für Leute von außerhalb wirkt.


Auf der Karte fällt auf, dass Sie die Gerichte immer etwas ausgefallen interpretieren. Für Dresden ist das ausgefallen, das mag sein. Wir haben sehr gute Leute in der Küche. Einige sind durch die Welt gekommen.


Gibt es ein Konzept, eine Überschrift für Ihr Angebot? Nee. Konzeptgastronomie kommt aus den USA: Wenn das Essen nicht so gut ist, lässt man sich was anderes einfallen. Was wir machen, ist vergleichbar mit dem, was sich in den 90er Jahren aus den Brasserien in Frankreich entwickelt hat. Dort gab es ursprünglich Bier und einfache Gerichte. Daraus wurde ein Ort für die, denen das Restaurant zu steif war, die aber trotzdem gut essen wollten. Auch in England gab es ein Pubsterben, und auch da haben die überlebt, die gutes Essen anbieten. Also: Unser Konzept ist, gutes Essen und Trinken zu verkaufen.


Gibt es jenseits der Corona-Sorgen Ideen und Pläne für das Sankt Pauli? Du musst natürlich mit der Zeit gehen. Wir versuchen, uns immer zu verändern. Beim Essen etwa, was nicht heißt, dass alles teurer wird. Aber wir verwenden ganz andere Produkte als vor drei oder vier Jahren.


Wenn die Kunden außer Haus bestellen. Gibt es da einen Unterschied in den Vorlieben? Nein, die bestellen nichts anderes. Die Menschen wollen das Essen, das sie ohne uns vermissen. Und das Vertrauen ist da, dass man bei uns nicht irgendwas bekommt. Wir geben nicht auf. Es ist manchmal wie eine Challenge: Die erste Runde ist geschafft. Jetzt ist es das nächste Level, die Gegner sind schwieriger.

(Quelle: Augusto)

 

Sankt Pauli Tagesbar und Restaurant

Tannenstraße 56 , 01097 Dresden

Telefon: 0351 275 14 82 E-Mail: office@sankt-pauli.in Internet: www.sankt-pauli.in

 

Herausgeber:

Saxo-Phon GmbH

Verantwortlich: Frank Treue

Ostra-Allee 20, 01067 Dresden

0173 180 2727


 

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