Dresden, 14.05.2022 (Innere Altstadt)
Es ist Freitag Abend am 13. Mai und die Uhr zeigt gerade 20:05 Uhr, als wir gemeinsam mit Freunden den Neumarkt erreichen, um die abendliche Stimmung an diesem wunderbaren Ort bei 18 Grad Außentemperatur im Freien an einem der vielen freien Tischen der umliegenden Restaurants zu genießen.
Der Frühjahrsmarkt, der wegen Umbauarbeiten auf dem Altmarkt dieses Jahr nicht stattfinden kann und deshalb für vier Wochen bis zum 22.05.2022 auf dem Neumarkt stattfindet, versperrt den freien Blick, egal wo man sich nieder lässt, dass finden wir sehr schade und erklärt vielleicht, weshalb auch die Platzbelegung an diesem Freitag Abend insgesamt eher mäßig ausfällt.
Die zwei größten freien Plätze der Stadt sind somit in bestimmter Weise nur eingeschränkt nutzbar bzw. nehmen den Plätzen das gewohnte Bild und den besonderen Charme, der zum Verweilen einlädt.
Vielleicht ist das auch einer der Gründe, weshalb die Innenstadt an diesem Freitag Abend ungewöhnlich ruhig auf uns wirkt. Am Edelweiss, am Augustiner, dem Gasthaus "Zum Schwan" und auch vor dem Dresden 1900 und dem Classico Italiano, an dem sonst um diese Zeit immer reges Treiben herrscht, geht es an diesem Abend eher ruhig zu.
Wir haben Lust auf Eis und steuern direkt das Eiscafé Milano an und sehen schon von weitem, hier stimmt etwas nicht. Das Café ist fast dunkel und auf der Terrasse ist kein Mensch zu sehen. Tische und Stühle sind bereits angeschlossen, Gäste und Eisbecher Fehlanzeige. Die Tür steht noch offen und drinnen wird geräumt. Wir schließen sagt der junge Mann frustriert. Keine Gäste um diese Zeit, dass hatten wir noch nie und der Markt vor unserer Tür macht uns auch tagsüber schwer zu schaffen. Zu wenig Besucher und uns fragt auch niemand, ob wir mit dieser Regelung hier einverstanden sind.
Enttäuscht gehen wir weiter und irgendwie hat uns dieses Bild auch die Lust genommen, am Neumarkt an einem anderen Platz Halt zu machen. Auch um die Ecke am Jüdenhof an der Umaii Ramenbar und dem danebenliegenden Kok van Kok keine Gäste auf der Terrasse und auch drinnen nur mäßige Belegung.
Mir fällt das erst kürzlich neu eröffnete Restaurant & Café Anna im Dresdner Residenzschloss ein, hier waren wir noch nicht und machen uns auf den Weg, vorbei am Platzhirsch und Alex an der Schloßstraße. Zumindest hier ist etwas Leben zu spüren. Ein Nachtwächter zieht gerade mit einer Gruppe vorbei und erklärt den Gästen gewitzt den Namen Dresdens, dessen slawischer Ursprung auf die rechtselbische westslawische Siedlung Drežďany zurückzuführen ist.
Im Schlosshof angekommen bestaunen wir die aufwendig sanierten Fassaden. Die Terrasse vom Café Anna ist komplett leer und auch drinnen nur 5 Gäste. Wir werden freundlich begrüßt, sprechen mit dem Service kurz über den Neustart und werden gebeten, doch unbedingt Werbung zu machen, die könne man hier gut gebrauchen.
Es fehlen noch immer Touristen, so der Servicemitarbeiter. Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Dresden mit der "Arbeitsgemeinschaft Russland" gerade auch Touristen aus Russland gezielt, mit russisch sprechenden Hostessen am Dresdner Flughafen empfangen und mit Broschüren zum Einkaufen und Kultur erleben nach Dresden, angelockt hatte. Jetzt scheint das ein großes Tabu und es ist bekannt, dass sogar Russen in unserer Stadt erst kürzlich angefeindet wurden, die hier seit Jahren leben und auch Gastronomie betreiben.
Zum draußen sitzen lädt und der Schlosshof nicht wirklich ein. Gleich neben der Terrasse stehen Bauzäune und begrenzen den Platz, der zum Teil noch Baustelle ist.
Wir gehen weiter zum Italienischen Dörfchen, denn hier hat erst vor wenigen Tagen Miri Myslimaj, der Inhaber des stadtbekannten Enotria da Miri, das Fischrestaurant "Miri" im Obergeschoss eröffnet.
Gleich am Eingang versprüht ein großes fangfrisches Fischbuffet Lust auf ein Fischgericht.
Der Chef begrüßt uns charmant und lädt uns unmittelbar ein, an einem der Plätze drinnen oder draußen auf dem Balkon Platz zu nehmen und spendiert zur Begrüßung ein Glas Prosecco.
Wir nehmen auf dem Balkon Platz und genießen diesen herrlichen Ausblick und den Mond, der langsam um die Kuppel der Hofkirche wandert.
Das Restaurant Kahnaletto scheint ohne Gäste und auch die Terrasse vom Stadtwaldschlösschen im Italienischen Dörfchen im Erdgeschoss ist leer. Im Kobalt-Club hingegen herrscht reges Treiben.
Wir sprechen über unsere Wahrnehmungen und mir fällt das Gespräch vom Mittag, dem Pressetermin in der Lindenschänke mit dem Gastwirt Uwe Engert ein, der von den enormen Belastungen durch die steigenden Preise, die andauernden politischen Verwerfungen, erst durch die Corona-Politik, jetzt durch den Russland/Ukraine Konflikt und für Gäste und Gastgeber gleichermaßen sprach.
Wenn es so weiter geht, dann werden viele Existenzen zerstört und irgendwie hinterlässt dieser abendliche Rundgang auch bei uns den Eindruck, dass diese anfängliche Euphorie und große Lust auf Freizeit, Gastronomie, Kunst und Kultur bereits nach kurzer Zeit wieder ins Stocken gerät.
Auf dem Rückweg über die Münzgasse, einem zentralen Treffpunkt für genüssliche Momente unter vielen Menschen, die gern auf den Terrassen internationaler Gastronomie wie Las Tapas, Ayers Rock, Kutscherschänke, Steakhouse "Alte Mütze" oder dem Edelweiss verweilen oder vorbeiziehen, nur wenig Bewegung, die Uhr zeigt 22:15 Uhr.
Eine klare Antwort für diesen Zustand an diesem Abend finden wir nicht, sind uns jedoch alle einig, dass Dresden immer wieder Lust auf das Erleben unserer wunderschönen Stadt macht, egal wann und wo wir unterwegs sind.
Ein Beitrag von Dirk Andersch
(Redaktion Lust auf Dresden)
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