Verbraucherzentrale fordert Konsequenzen von Gesetzgeber, Politik und Lebensmittelüberwachung
Fatburner, Gelenkkapseln, Pillen fürs Gedächtnis: Im Internet findet sich für jedes Problem ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Hersteller bewerben die Produkte teils mit unzulässigen Gesundheitsversprechen oder reichern sie gar mit verbotenen Substanzen an.
Nun fand europaweit die erste koordinierte amtliche Kontrolle von Lebensmittelangeboten im Internet statt. 25 EU-Mitgliedsstaaten sowie die Schweiz und Norwegen überprüften fast 1.100 Webseiten. Der Schwerpunkt der Untersuchung lag auf nicht zugelassenen neuartigen Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln, die Anbieter mit unzulässigen Angaben zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Erkrankung bewarben. Die Behörden ermittelten insgesamt 779 Produktangebote, die nicht verkehrsfähig waren. Davon betrafen 428 nicht zugelassene neuartige Lebensmittel wie beispielsweise den angeblichen Appetithemmer Hoodia und 351 Nahrungsergänzungsmittel mit unzulässigen Gesundheitsversprechen zu Knochen und Gelenken. Die Wahrscheinlichkeit, Nahrungsergänzungsmittel im Internet zu finden, die nicht EU-rechtskonform sind, ist sehr hoch. Bereits im Rahmen der Aktion hat die Europäische Kommission eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Mitgliedstaaten bei den Kontrollen zu unterstützen, beispielweise die Schulung von Mitarbeitern der amtlichen Überwachung in Online-Untersuchungen. „Strengere Regulierung des Marktes, häufigere Kontrollen und bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Rechtsverfolgung sind überfällig“, kritisiert Uta Viertel von der Verbraucherzentrale Sachsen.
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist es verboten, Nahrungsergänzungsmittel mit vorbeugenden, lindernden oder heilenden Wirkungen zu bewerben. Denn auch wenn die Hersteller sie in arzneitypischer Aufmachung als Pillen, Kapseln oder Pulver anbieten, sind es Lebensmittel, die die normale Ernährung ergänzen sollen. „Soweit die Theorie, die Praxis zeigt ein anderes Bild. Auch unser Marktcheck zu Gelenkmitteln auf klartext-nahrungsergaenzung.de zeigt, dass insbesondere die Betreiber von Internetshops bei Gesundheitsversprechen negativ auffallen“, so Viertel.
Verstärkte Kontrollen allein reichen nicht
Verbraucher haben ein Recht auf sichere Lebensmittel. Um sie bezüglich Nahrungsergänzungsmitteln besser vor Gesundheitsgefahren und Täuschung zu schützen, fordern die Verbraucherzentralen über verstärkte amtliche Kontrollen hinaus:
Nahrungsergänzungsmittel vor dem ersten Inverkehrbringen auf ihre Sicherheit, die Kennzeichnung und die Werbeaussagen zu überprüfen.
ein öffentlich zugängliches Verzeichnis aller zugelassenen Nahrungsergänzungsmittel.
die Einrichtung einer Meldestelle für unerwartete (Neben-) Wirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln.
Höchstmengenregelungen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln sowie
eine Positivliste für „sonstige Stoffe“ wie Pflanzenzubereitungen (Botanicals) in Nahrungsergänzungsmitteln.
Hintergrund
EU-Kommission: Die erste europaweite Kontrollaktion zu Lebensmittelangeboten aus dem Internet (Englisch)
Positionspapier der Verbraucherzentralen