Vom Pausenbrot bis zum Event reicht das neue VW-Gastro-Konzept des Spitzenkochs. Aber ohne Currywurst geht nichts.
Die Currywürstchen waren’s. Eingeweckt im Mini-Glas hat sie Mario Pattis auf den Tisch gestellt – als Idee, womit er Gästen eine kleine Freude machen könnte. Den Gästen der Gläsernen Manufaktur. Die werden künftig auch bei ihm einkehren. Möglichst viele der Besucher jedenfalls, die ab dem 21. Januar dabei sein wollen, wenn Volkswagen in Dresden wieder Wagen fürs Volk baut. Kleine und größere, aber keine Luxuslimousinen.
Deshalb soll es auch keine Haute Cuisine im Manufaktur-Restaurant geben. Jedenfalls stehen Gourmet-Speisen nicht an erster Stelle. „An erster Stelle steht für mich der Gast“, sagt Mario Pattis. Er hat einen Namen als Spitzenkoch, was nicht bedeutet, dass der 47-Jährige ausschließlich ausgemachten Feinschmeckern Gaumen und Magen zufriedenstellt. Dass er als neuer Gastronom der VW-Manufaktur vom Schüler-Pausenbrot bis zum Viel-Gänge-Menü für Festgesellschaften alles können muss, war ihm klar, als er begann, sich für die Aufgabe zu interessieren.
Mit dem Ende der Phaeton-Produktion und dem Neustart als E-Golf-Hersteller ist auch ein neues gastronomisches Konzept verbunden. Früher haben hier Kunden ihre neue Nobelkarosse in Empfang genommen, dafür fünf- bis sechsstellige Summen gezahlt und edel im Restaurant Lesage gespeist. Künftig holen Familien ihren Kompaktklassewagen ab, Papas dürfen hier und da selbst den Schrauber ansetzen, Schülergruppen erleben Führungen, nicht wie früher im ruhenden Betrieb, sondern während der Montage. Und wenn der kleine Hunger kommt, muss Mario Pattis Gutes halbwegs günstig und rasch konsumierbar auftischen können. Zum Beispiel Currywurst. Zwar nicht im Glas, das könnte später mal ein schönes Mitbringsel vom Besuch in der Manufaktur sein. Deshalb hat sich der neue Restaurantbetreiber die hübsch verpackten Miniwürstchen auch ausgedacht. Wohl aber wird Currywurst auf seiner Speisekarte stehen, zusammen mit sächsischen Gerichten, denen der Koch seine eigene Note verleiht. Regional, bio, nachhaltig sind Stichworte seiner Küche.
Mit der Currywurst hat es eine besondere Bewandtnis. Sie ist Mario Pattis vertraut und gehört zu VW wie das Dutzend Metzger der Autostadt Wolfsburg. Dort gibt es eine werkseigene Fleischerei, in der pro Jahr einige Millionen Currywürste produziert werden. Sie sind Tradition und schmecken den Besuchern nicht nur im VW-Erlebniswerk, sondern überall dort, wo sich die Marke präsentiert. Deshalb gehört sie auch in die Karte des neuen Dresdner Restaurantchefs.
Nachdem Mario Pattis 2009 aus dem Familienbetrieb Romantikhotel Pattis im Zschonergrund ausgestiegen ist, war er als Gastronom in der Autostadt beschäftigt. Ein halbes Jahr lang beriet er dort die Kollegen im Eventbereich und kochte für das Vorstandsrestaurant. Auf Dauer wollte er nicht bleiben, gründete lieber in der Heimat sein Cateringunternehmen und hörte nie auf, von einem eigenen Lokal zu träumen. Anläufe unternahm er zwar, doch keiner führte ihn letztlich hinter den eigenen Tresen. Stattdessen half er anderen Restaurantbetrieben als Berater auf die Sprünge, verköstigte in der Porzellanmanufaktur Meißen, im Weingut Schloss Proschwitz, auf den Salonschiffen der Sächsischen Dampfschiffahrt und auf zahllosen Festen und Feiern die Gäste. Im Weihnachtszirkus kommt Gans von Pattis auf die Teller, und in der Erstauflage der Gourmetmesse Genusswelten im Ostrapark gehört er zum Sextett der Kochvereinigung Jeunes Restaurateurs.
Fünf Namen von Gastronomen aus der Region hatte das VW-Manufakturmanagement im Kopf, als es darum ging, das ehemalige Restaurant Lesage in neue Hände zu geben. Bis dahin wurde es vom Hotel Taschenbergpalais Kempinski betrieben. Auch Mario Pattis fragten die Verantwortlichen an. Er stellte sich mit einem ganzen Buch über sich, seine Arbeit, sein Unternehmen vor und brachte nicht nur konkrete Vorstellungen mit, sondern kurz darauf auch besagte Currywurstgläschen vorbei. Die verhalfen zum Zusatzpunkt.
Wo derzeit noch Lesage dransteht, ist keins mehr drin. Das Lokal hat geschlossen, den alten Schriftzug demontieren Techniker demnächst. Drinnen stehen Tische und Stühle gestapelt, der Umbau läuft. „Einige Teile der Ausstattung werden wir weiterverwenden. Vieles gestalten wir neu“, sagt Pattis. Dazu gehört ein offener Kochbereich. Das Restaurant soll von der Empfangshalle aus besser als früher zu sehen sein. Geplant sind 80 Plätze im Erdgeschoss. „Außerdem wird es auf der Galerie Tische für Gäste geben, die gehobene Gastronomie genießen wollen und sich zum Essen extra anmelden.
Mit einem zwölfköpfigen Team startet Pattis im März den regulären Betrieb. Dann soll das Restaurant unter einem neuen Namen Eröffnung feiern. Ideen gibt es bereits. Für den 2. April steht die Auslieferung des ersten E-Golfs im Manufaktur-Kalender. Damit endet auch Mario Pattis’ Probefahrt.
Quelle: http://www.sz-online.de/nachrichten/mario-pattis-kocht-glaesern-in-der-manufaktur-3585909.html